Sie sind mit ihrer massigen Erscheinung aus dem modernen Stadtbild nicht mehr wegzudenken: Sport Utility Vehicles, kurz SUV. Kaum ein anderer Fahrzeugtyp hat jemals so einen rasanten Siegeszug hingelegt und gleichzeitig so viel Kritik auf sich gezogen. Als Panzer bezeichnen Kritiker spöttisch die Mischung aus herkömmlichem PKW und allradgetriebenem Geländewagen. Als Emissionsschleudern verschrien geraten sie immer wieder in die Schlagzeilen, was die hohe Nachfrage jedoch kaum zu bremsen vermag. Da stellt sich die Frage, aus welchem Grund die Pseudogeländewagen in Zeiten von Klimaschutz und Energiekrise noch ihren Platz auf den Straßen haben und ob auch beides geht – Fahrtkomfort und eine gute Umweltbilanz.
Siegeszug der Stadtpanzer
Die Grundidee ist bei Weitem keine neue. Vorläufer der heutigen SUV gab es schon vor knapp hundert Jahren. Damals wurden die geländetauglichen, allradbetriebenen Gefährte vor allem im militärischen Bereich eingesetzt. Der „Geländesportwagen“ von Opel, ein Beispiel eines solchen frühen Modells, wurde im Jahr 1936 entwickelt. Zu dieser Zeit war der Preis noch zu hoch, um die Geländewagen in der Zivilbevölkerung populär zu machen. Das erledigte der Hersteller Jeep in den folgenden Jahrzehnten nahezu im Alleingang. Der Begriff „Sport Utility Vehicle“ findet sich erstmals in der Beschreibung des seit 1974 erhältliche Jeep Cherokee. In den 80er und 90er Jahren entwickelte Jeep seine Fahrzeugflotte weiter, reduzierte Gewicht und Größe und förderte damit die Verbreitung auch in städtischen Gebieten. Von diesem Zeitpunkt an wurde der SUV zunächst in den USA und Asien, ab den 2000ern dann auch in Europa immer populärer. Heute sind etwa die Hälfte der in den USA und ein Drittel der in Europa verkauften Fahrzeuge SUV.
Kritik und Risikofaktoren
Größter Kritikpunkt in der Presse wie auch der allgemeinen Bevölkerung ist der CO2-Ausstoß der SUV und ihre generelle Schadstoffbilanz. Durch ihre Größe und ihr Gewicht verbrauchen die überdimensionierten Fahrzeuge etwa ein Viertel mehr Energie als ein Standard PKW und tragen damit erheblich zum weltweiten Anstieg der CO2-Emissionen bei. Dieser Effekt verstärkt sich durch die ungebrochene Popularität der massiven Gefährte, die kontinuierlich neue Verkaufsrekorde aufstellen. Zahlen der Internationalen Energieagentur zeigen, dass die durch SUV verursachten Emissionen stärker ansteigen als beispielsweise die der Schwerindustrie oder der Luftfahrt. Kein Ende in Sicht.
Würden die Wagen primär als Sport- und Nutzfahrzeuge verwendet, wie es eigentlich im Namen steckt, dann wäre die Energiebilanz vielleicht das einzige Problem. Doch mit wachsender Popularität sind sie zunehmend in der Stadt anzutreffen und werden für alle Erledigungen des täglichen Lebens genutzt. Das birgt einige Risiken. Kommt es zu Unfällen zwischen SUV und Fußgängern, sind Letztere deutlich stärker im Nachteil als bei herkömmlichen PKW. Durch ihre Höhe verhindern sie, dass ein Mensch sich über die Motorhaube abrollen kann. Der ungebremste Aufprall sorgt für ein erheblich höheres Verletzungsrisiko. Ein zusätzlicher Katalysator für Unfälle liegt in dem enormen Sicherheitsgefühl, das die Fahrzeuge ihren Insassen vermitteln. Weit oben über der Straße thronend, von einer stabilen Karosserie umgeben, lässt ein SUV-Fahrer sich eventuell zu einer risikoreicheren Fahrweise verleiten, wohl wissend, dass ihm nicht so leicht etwas passieren kann.
Die Größe der Fahrzeuge sorgt in Innenstädten noch an anderer Stelle für Komplikationen. Straßen, Parkplätze und Parkhäuser sind nicht auf die Dimensionen der übergroßen Gefährte ausgelegt. Häufig kommt es so zu Situationen, in denen ein geparkter SUV die nebengelegenen Stellplätze blockiert oder sich in engen Auffahrten schlecht manövrieren lässt. In Deutschland mit seinen zahlreichen historischen Altstädten und schmalen Straßen kommt es zudem nicht selten zu Staus, Streit und Lackkratzern, weil ein zu breites Fahrzeug eine Engstelle nicht ohne Kontakt passieren kann. Gerade angesichts zunehmender Bestrebungen, städtische Räume grüner zu gestalten, um die Lebensqualität ihrer Bewohner zu verbessern, wirken unnötig ausladende Autos antiquiert und widersinnig.
Fahrkomfort und Sicherheit
Trotz der zum Teil schwerwiegenden Kritikpunkte ist die Popularität der massigen Fahrzeuge ungebrochen. Das liegt sicher zum einen an dem hohen Fahrkomfort. Dank ihres Gewichts liegen die Fahrzeuge sehr ruhig auf der Straße, die Größe sorgt für viel Platz im Innenraum und angenehmes Ein- und Aussteigen. Zudem sind SUV sehr sichere Fahrzeuge – für ihre Insassen. Das hat ein gewisses Überlegenheitsgefühl zur Folge. Der Fahrer weiß, dass ein Kleinwagen bei einem Zusammenstoß den Kürzeren ziehen würde und fühlt sich entsprechend unantastbar. Auch die Geländetauglichkeit dürfte für Käufer eine Rolle spielen. Zwar ist diese in Zeiten, in denen der SUV zum Stadtauto geworden ist, nicht mehr das zentrale Verkaufsargument. Aber für den Ausflug aufs Land am Wochenende und den Angeltrip sind die Autos eben hervorragend geeignet.
SUV sind aber nicht die einzigen Fahrzeuge, die mit guter Reisetauglichkeit und einem angenehmen Fahrgefühl punkten können. Wer aus diesen Gründen über den Kauf nachdenkt, der könnte sich auch anderweitig umsehen. Alle großen Hersteller bieten Limousinen an, in denen es sich ebenso bequem und komfortabel fahren lässt, ohne die Nachteile, die die großen Brüder mitbringen. Und wenn es wirklich einmal auf Stauraum und Geländetauglichkeit ankommt, dann kann man für diese Gelegenheiten auch einen Mietwagen in Betracht ziehen, der ganz genau auf die aktuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist.
SUV mit grünem Gewissen?
Elektromobilität ist derzeit das große Thema in der Automobilbranche. Natürlich gibt es da auch im Bereich SUV schon ein breites Angebot sowohl an vollelektrischen Fahrzeugen als auch an Hybriden. Dabei muss den Herstellern ein ganz besonderes Kunststück gelingen: die Vorzüge der Fahrzeuggattung mit einem umweltfreundlichen Elektroantrieb zu vereinen. Bei den vollelektrischen Fahrzeugen klappt das mit durchwachsenem Erfolg. Die hohe Motorperformance, die Käufer auch von einem SUV mit alternativem Antrieb erwarten, geht auf Kosten der Reichweite. Das ist ein entscheidendes Manko, gerade, weil die Fahrzeuge für ihre hohe Reisetauglichkeit gepriesen werden. Auf dem Weg in den Urlaub mehrmals eine Zwangspause von, je nach Lademöglichkeit, erheblicher Länge einlegen zu müssen lässt sich damit nur schwer vereinen. Die Hybridmodelle lösen dieses Problem, indem sie sich bei leerem Akku konventionell betrieben weiterfahren lassen. Damit mindern sie allerdings gleichzeitig ihr Einsparpotential für CO2-Emissionen.
Zwar sparen die strombetriebenen Modelle fossile Kraftstoffe, das macht sie jedoch nicht automatisch nachhaltiger. Denn der Stromverbrauch liegt bei den überdimensionierten Fahrzeugen deutlich über dem, was ein kleinerer Wagen benötigt, und auch das ist alles andere als nachhaltig. Ein alternativer Antrieb ist also noch lange kein Garant für niedrige Schadstoffwerte. Und auf die übrigen Kritikpunkte bezüglich der Größe und Sicherheit von SUV hat die Umweltbilanz ohnehin keinen Einfluss.
Schlusslicht Porsche Cayenne
Auch wenn die erwähnten Punkte auf alle SUV zutreffen, so gibt es dennoch Abstufungen, zumindest was die Umweltverträglichkeit angeht. Besonders schlecht schneiden hier vor allem solche Modelle ab, die den Fokus auf Größe und Leistung legen. So hat etwa der Porsche Cayenne E-Hybrid beim ADAC Ecotest 2021 trotz alternativen Antriebs den letzten Platz belegt. Auch der Opel Grandland X 1.6 DI Turbo Hybrid, der Hyundai Santa Fe SEVEN 2.2 CRDi Signature 4WD DCT, die beiden Subaru Modelle Outback 2.5i Platinum Lineartronic und Forester 2.0ie Platinum Lineartronic sowie der KIA Sorento 2.2 CRDi Platinum AWD DCT8 fallen durch hohe Schadstoffwerte und CO2-Emissionen auf. Bessere Werte erreichen der Audi Q2 35 TFSI advanced S tronic, der VW Tiguan 2.0 TDI SCR Elegance 4MOTION DSG sowie der Hyundai Kona Elektro (64 kWh) Trend. Wenn es also unbedingt ein SUV sein soll, dann am besten eines dieser Modelle. Umweltfreundlich ist man damit zwar nicht unterwegs, aber zumindest in dem Wissen, dass es auch schlechter ginge.
Fotonachweis: Daniel Lobo – Ban the SUV – CC0 1.0
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