Klaus Nahr OBD: Car Diagnostic Center - CC BY-SA 2.0

Das vernetzte Fahrzeug und der Datenschutz

Moderne Fahrzeuge sind mit einer umfangreichen Elektronik ausgestattet, welche diverse Assistenzsysteme steuert, die vor allem der Sicherheit des Fahrers und seiner Begleiter dienen. Die Vernetzung der Komponenten führt aber inzwischen zu einem Wust von Daten, die sogar eine Bewertung des Nutzerverhaltens ermöglichen. Zwar sind die Informationen nur dem Hersteller zugänglich. Dennoch sind Datenschützer beunruhigt, weil die Politik bisher noch keine rechtlichen Bedingungen festlegen konnte.

Welche Daten fallen an?

Bereits seit den Achzigerjahren gibt es die On-Board-Diagnose (OBD). Dieses System speichert vor allem Daten über technische Abläufe im Fahrzeug und die Funktionsweise der einzelnen Komponenten. Tritt eine Betriebsstörung auf, wird diese als „Fehler“ gespeichert. Die OBD liefert also Informationen, die für eine Reparatur relevant werden können. Mit einer speziellen Software liest die Werkstatt die Daten aus und erspart sich so eine zeitaufwändige und kostspielige Fehlersuche.

Bei neueren Fahrzeugen sind die Hersteller aber nach und nach dazu übergegangen, immer mehr Daten zu sammeln. Sehr häufig gehen die Abfragen über den rein technischen Zustand des Wagens hinaus. Ziel des Interesses sind inzwischen auch Informationen über die Nutzung und den Fahrstil, weil immer mehr Fahrzeugteile mit Sensoren ausgestattet oder in die Elektrik integriert wurden.

Die Vorteile der Vernetzung

Die zusätzliche Vernetzung über WLAN hat im Straßenverkehr erhebliche Vorteile: Der Fahrer erhält Warnungen in Echtzeit, wenn sich ein Stau bildet, ruft die aktuelle Wetterlage ab oder nutzt nach einem Unfall automatisch den eCall.

Allerdings bleibt ihm verborgen, welche Daten abgerufen und an den Hersteller übermittelt werden. Denn die Autobauer geben über die Kommunikation keine Auskunft, obwohl es sich bei der Übermittlung teilweise um sensible Informationen handelt. Im Folgenden stellen wir exemplarisch einige Möglichkeiten vor, die mit der ständigen Datenerfassung verbunden sind.

Die Verwendung des Fahrzeugs

Die Software erkennt mittlerweile sogar, ob sich das Auto auf der Autobahn, einer Landstraße oder innerhalb einer Stadt fortbewegt und wie viele Kilometer es dort zurückgelegt hat. Und sie speichert die Vorgänge separat, sogar einzelne Fahrten mitsamt der Kilometerzahl sind für die Hersteller von Interesse.

Die Fahrzeugbeleuchtung gibt ebenfalls wichtige Hinweise auf das Nutzerverhalten. Deshalb werden für alle Lichtquellen die Betriebsstunden separat erfasst und im Datenspeicher abgelegt. Das GPS wird regelmäßig abgefragt, einschließlich eines Statusberichts wesentlicher Fahrzeug-Komponenten. Bei einem Plug-In-Hybrid interessieren die Einsätze des Verbrenners, beim E-Auto die Lade- und die Entladezyklen mitsamt Kilometerstand, Datum und Uhrzeit.

Das Verhalten des Fahrers im Straßenverkehr

Bei einem Bremsvorgang strafft sich der Sicherheitsgurt, und diesen motorischen Ablauf kann die Software über einen Sensor abrufen. Die Anzahl dieser Vorkommnisse gibt Aufschluss über den Fahrstil: Verhält sich der Nutzer eher offensiv oder defensiv?

Ein Raser fährt ständig mit erhöhter Motordrehzahl, wobei die Temperatur ebenfalls ansteigt. Beide Werte konnten allerdings bereits mit dem ODB erfasst werden. Das automatische Getriebe kennt verschiedene Modi, nämlich Dauer, Manuell oder Sport. Wie lange diese eingestellt sind, gibt ebenfalls Auskunft über das Fahrverhalten.

Die Anzahl der Fahrzeugnutzer

Verschiedene Fahrer stellen den elektrischen Sitz jeweils nach ihren Vorstellungen ein. Das lässt aber Rückschlüsse zu auf die Anzahl der Personen, die das Fahrzeug nutzen. Ebenfalls abhängig von der Persönlichkeit: Der Zeitpunkt und die Dauer von Telefongesprächen und die Zahl der Medien, die das CD-/DVD-Laufwerk abgespielt hat.

Wo werden die Daten erhoben, wo gespeichert?

Für manche Vorgänge im Fahrzeug gibt es Sensoren, etwa für das ABS-System. Diese registrieren eine bestimmte Aktivität und geben sie weiter. Eine andere Art der Abfrage ist der Stromfluss, also ob ein Verbraucher Energie verbraucht, an- oder ausgeschaltet wird.

Die Komponenten im Auto sind nämlich nicht nur in separaten Schaltkreisen miteinander verbunden, etwa der Lichtschalter mit den Scheinwerfern. Alle diese Geräte hängen außerdem an der Zentralelektrik, an der auch das Steuergerät angeschlossen ist. Mit Hilfe einer Software erhält es sämtliche Informationen über die aktuellen Abläufe und legt sie Daten im Speicher ab.

Wer kann sie nutzen?

Der Kunde hat keine Möglichkeit, diese Daten einzusehen. Ausschließlich der Hersteller und seine Vertragswerkstätten können die Informationen auslesen und etwa für Reparaturen, Mängelanalysen, Statistiken, Marketing-Aktionen oder Produkt-Verbesserungen nutzen.

Was sind mögliche Auswirkungen?

Die Logistikbranche nutzt bereits seit geraumer Zeit sogenannte Decoder, um die Fahrzeuge orten zu können. Meist sind diese Datenabfragen sinnvoll, etwa für die Koordination der Fahrzeuge, die Routenplanung und das Organisieren von Zustellungen oder das Abholen von Waren. Aber auch andere Unternehmen verwenden das GPS mittlerweile immer häufiger. So erhält der Vorgesetzte genaue Kenntnisse über die Fahrzeiten seines Mitarbeiters oder den Kraftstoffverbrauch, aber auch über Stand- bzw. Ruhezeiten. Solche personenbezogene Daten zu Mitarbeitern können problematisch in Sachen Datenschutz sein.

Bei einer gestörten Unternehmenskultur und fehlender Compliance, also mangelhafter Regeltreue und Rücksicht, kommt es dann nicht selten vor, dass der Betrieb die Informationen missbräuchlich verwendet. Etwa um seine Beschäftigten zu überwachen und bei einem Fehlverhalten zu maßregeln. Besonders Mitarbeiter im Außendienst sind von diesen Praktiken betroffen, wenn ihnen ein Firmenwagen gestellt wurde, mit dem sie auch privat unterwegs sein dürfen.

Welche Verbesserungen sind notwendig?

Die Daten, die das Fahrzeug sammelt, enthalten nicht nur wichtige Informationen über die Fahrzeugtechnik, sondern auch über die Eigenarten und Gewohnheiten des Benutzers. Als personenbezogene Daten unterliegen sie aber grundsätzlich einem besonderen rechtlichen Schutz. Viele mit der Materie Vertraute, unter anderem der ADAC, fordern deshalb die Politik dazu auf, einen rechtlichen Rahmen auf EU-Ebene zu schaffen, der den Zugriff auf die entstehenden Daten im Detail regelt.

Zur Diskussion stehen dabei unter anderem die Datentransparenz. Der Verbraucher muss Kenntnis darüber erhalten, welche Art von Daten sein Auto erhebt, speichert oder sendet. Außerdem sollte er in der Lage sein, im Interesse seiner Datenhoheit die Weiterleitung der Informationen ohne besonderen Aufwand abschalten zu können.

Denn die Wahlfreiheit gilt auch für Fahrzeugdaten: Der Autofahrende kann selber entscheiden, wer Zugang zu den Daten seines Autos erhält. Nicht zuletzt geht es auch um die Datensicherheit. Die Hersteller müssen garantieren, dass außer dem Besitzer niemand Zugriff auf den Datenbestand des vernetzten Autos erhalten kann – und zwar für die vollständige Lebensdauer des Fahrzeugs.

Fotonachweis: Klaus Nahr OBD: Car Diagnostic Center – CC BY-SA 2.0

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