Tempolimit Demo - Demo for speed-limit in Germany /Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation bringen Tempo-100-Schilder zum Verkehrsministerium - Stefan Müller - CC BY 2.0
Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation bringen Tempo-100-Schilder zum Verkehrsministerium und lassen einige durch die Luft segeln. v.l.n.r Miriam Meyer, Edmund Schultz, Mirjam Herrmann, Invalidenstraße, Berlin, 22.10.22

Das Tempolimit – Deutschland ohne Geschwindigkeitsbegrenzung?

Wie das erste Tempolimit eingeführt wurde

Wer Auto fährt, möchte meistens schnell reisen. Da kann das Tempolimit störend wirken, vor allem, wenn die Fahrerin oder der Fahrer über ein hochmotorisiertes und gut ausgestattetes Auto verfügt.
Vor dem Dritten Reich waren die Geschwindigkeitsbeschränkungen reine Ländersache. Ab 1934 wurden diese dann von den Nationalsozialisten zur Reichssache erklärt und überall in Deutschland aufgehoben. Gleichzeitig hoben die Machthaber die Kfz-Steuer auf und förderten den Rennsport. Da auf den neuen deutschen Autobahnen kaum Fahrzeuge – und dann nur mit nach heutigen Maßstäben – geringen Geschwindigkeiten unterwegs waren, sollte das aufgegebene Tempolimit nur eine sehr begrenzte Wirkung haben. Diese Ansicht rächte sich jedoch, sodass die Geschwindigkeitsbegrenzungen 1939 wieder eingeführt wurden. Fahrer durften außerhalb von Ortschaft maximal hundert Kilometer die Stunde fahren. Innerhalb der Stadt waren sechzig gestattet. Mit Kriegsbeginn zog man von Staats wegen viele Kraftfahrzeuge ein. Gleichzeitig reduzierten die Verantwortlichen das Tempo auf Landstraßen auf achtzig und in der Stadt auf vierzig Kilometer in der Stunde.

Das Tempolimit in der Bundesrepublik Deutschland

Nach dem Krieg, der Währungsunion sowie der Gründung der Bundesrepublik Deutschland begann die neue Motorisierung. Viele konnten sich im Laufe der Zeit ein Auto leisten. Zahlungsstarke Käufer und Fahrer griffen auf die schnellen Wagen zurück. Ab 1953 wurde dann jedoch ein kurzfristig eingeführtes Tempolimit zurückgenommen, damit jeder die von ihm gewünschte Geschwindigkeit genießen konnte. 1957 folgte ein neues Tempolimit, das das Fahren innerhalb einer Ortschaft auf fünfzig Kilometer die Stunde begrenzte. Wesentlicher Grund waren die steigende Anzahl von Verkehrsopfern. In den folgenden Jahren gab es vermehrt Wege, um die Geschwindigkeit der Fahrer zu reduzieren.
Die Ölkrise von 1972 führte zum ersten Mal in der Geschichte des Landes am Sonntag zu leeren Straßen, da die Regierung für viele Strecken jeweils ein Fahrverbot verhängte.
Doch die Zahl der Unfalltoten stieg. 1976 entschied man sich deshalb in Bonn – der damaligen Bundeshauptstadt für ein endgültiges Tempolimit, das für alle Straßen außerhalb von Autobahnen und Ortschaften gilt. Hier darf der Fahrer die 100 km/h nicht überschreiten. Fährt er in eine Ortschaft ein, dann reduziert er sein Tempo auf 50 km/h. In dichtbewohnten Viertel kann er sich auch auf 30 km/h einrichten. Autobahnen sind von dieser Regelung auf dem größten Teil der Strecken ausgenommen. Hier gibt es alternative Begrenzungen, die sich beispielsweise auf 130, 150 oder 189 Kilometer pro Stunde für kurze Abschnitte beziehen.

Wie wurde das Tempolimit in der DDR geregelt?

Parallel zur Bundesrepublik wurde 1949 die DDR in der von der Sowjetunion – Russland – besetzten deutschen Zone gegründet. Um der Bevölkerung ein leuchtendes Beispiel zu bieten, setzten die Politiker vom ersten Augenblick an ein Zeichen. Innerhalb von Ortschaften durfte man 50 km/h fahren. Auf Landstraßen – die die Ortschaften miteinander verbanden – waren achtzig Kilometer pro Stunde erlaubt. Wer auf der Autobahn seinen Wartburg oder Trabant ausfahren mochte, hatte sich auf 100 km/h zu konzentrieren. Gleiches galt für die Transitstrecken, die von der deutsch-deutschen Grenze – beispielsweise bei Helmstedt – bis nach Westberlin führten. Der Alkoholspiegel hatte je Fahrer bei 0 zu liegen, sonst hatte der Betreffende mit hohen Strafen zu rechnen. Außerdem waren die Fahrzeuge, die von der Masse der Bevölkerung gefahren wurden, nicht in der Lage, auf den betreffenden Straßen höhere Geschwindigkeiten zu nutzen.
Heute gelten die Regeln auf deutschen Straßen seit mehreren Jahrzehnten. Veränderungen, die sich beispielsweise auf die U.S.A. mit ihrem strikten Tempolimits beziehen, gab es bis heute nicht.

Wie sieht es mit dem Tempolimit in den Staaten der Europäischen Union aus?

Österreich teilt nicht Deutschlands Sichtweise

In Österreich liegt der Sachverhalt anders. Hier gibt es viele Berge, Tunnel und Kurven. Diese verlangen viele unterschiedliche Begrenzungen bei der Geschwindigkeit. Befährt man einen Autotunnel, in dem Gegenverkehr herrscht, sind achtzig Kilometer die Stunde angezeigt. Kommt dem Autofahrer nicht in jeder Minute ein anderes Fahrzeug entgegen, darf er 100 km/h in Anspruch nehmen. Wird eine Autobahn im Freien – ohne Tunnel – gewählt, sind 130 km/h erlaubt und somit erheblich weniger als in Deutschland. Während der Nacht nehmen alle Fahrer per Gesetz Rücksicht. Auf Autobahnen fahren sie mit dem Pkw maximal 110 km/h, während bei Lkws, die mehr als 7,5 Tonnen wiegen, nur 60 km/h zulässig sind.

Wie schnell darf man in den Niederlanden fahren?

Für die Fahrer, die auf den niederländischen Straßen fahren wollen, gilt eine Besonderheit. Diese ergab sich aus einer Klage, der in der EU stattgegeben wurde. Das Land muss seine CO2 Emissionen massiv reduzieren. Der beste Weg besteht in einer Verringerung des Treibstoffverbrauchs auf den Autobahnen. So führte das Land ab 2020 die 100 km/h in diesem Intervall ein. Dieses gilt für die Zeit von sechs Uhr morgens bis sieben Uhr abends. In der restlichen Zeit sind 130 km/h zulässig.

Bestimmungen in Frankreich?

Bis 2018 durfte jeder auf Frankreichs Straßen 90 km/h fahren. Da es im Laufe der Zeit unverhältnismäßig viele Verkehrstote gab, senkte der Staat das Tempolimit auf 80 km/h. Allerdings gab es zahlreiche Proteste, sodass jeder Stadt und jedem Département die Möglichkeit eingeräumt wurde, eine eigene Begrenzung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu wählen. Auf diese Weise können die Fahrer in einem Distrikt 80 und in einem anderen unter vergleichbaren Bedingungen 90 km/h nutzen.

Was spricht für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen?

Mittlerweile ist eine Regierungskommission tätig, die den Vorschlag eines Tempolimits unterstützt. Sie wird von Umweltverbänden, Gewerkschaften und vielen Klimaschützern begleitet.
Das erste Argument betrifft die Unfalltoten und Verletzten. Hier geht die Gewerkschaft der Polizei davon aus, dass sich die Anzahl der Verkehrstoten signifikant reduzieren lässt, sollte ein Tempolimit wie in den U.S.A. eingeführt werden.

Entscheidender für ein Tempolimit ist, dass auf diese Weise der CO2-Ausstoß gesenkt werden kann. Aber auch hier gibt es Experten, die von einer minimalen Verringerung von nur wenigen Prozentpunkten sprechen. Diese würden das Tempolimit und die damit verbundenen Einschränkungen für den Bürger und jeden anderen Fahrer nicht rechtfertigen.

Allerdings könnte die Verringerung des CO2-Wertes – in Verbindung mit anderen umweltrelevanten Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag für eine saubere Umwelt bieten. Diese Meinung teilt auch die Kommission.

Wer gehört zu den Gegnern des Tempolimits?

Hierzu zählen einflussreiche und bekannte Automobilclubs, die davon ausgehen, dass die Anzahl der Verkehrstoten und Verletzten durch ein Tempolimit nicht fallen oder steigen würde. Nur die Freiheit der Fahrer würde eingeschränkt werden. Statt eines generellen Tempolimits spräche Vieles für die Setzung von Schwerpunkten. Unfallträchtige Strecken und unsichere Abschnitte könnten auf Dauer mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung versehen werden.

Es soll Kräfte innerhalb der Automobilindustrie geben, die sich gegen ein Tempolimit stellen. Solange die deutschen und ausländischen Kunden ihre Fahrzeuge – vor allem schnelle und teurere Varianten – auf deutschen Autobahnen ausfahren dürfen, steigen ihrer Meinung nach die Verkaufszahlen. Dabei wird jedoch übersehen, dass zahlreiche dieser Fahrzeuge ins Ausland verkauft werden. Gleichzeitig handelt es sich jeweils um ein Prestige, ein bestimmtes und begehrtes Auto von einer bekannten Marke zu fahren – auch wenn es in Deutschland ein Tempolimit gibt.

Wie wird das Tempolimit vom Bundesumweltamt gesehen?

Nach zahlreichen Untersuchungen und Expertisen spricht das Bundesumweltamt sich für ein Tempolimit von 120 Kilometer pro Stunde aus.

Fotonachweis: Tempolimit Demo – Demo for speed-limit in Germany /Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation bringen Tempo-100-Schilder zum Verkehrsministerium –
Stefan Müller – CC BY 2.0

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